Arbeitsbesuch Vilnius – Reskutenai 2019 05.09. bis 08.09.2019 – Bericht

Der diesjährige Besuch unserer Sozialpartner in Vilnius und Reskutenai war gekennzeichnet von einer guten Vorbereitung vor Ort. Rechzeitig vor Beginn der Reise lagen die Informationen, Anträge und Fragen vor. Wir waren also entsprechend vorbereitet und konnten sofort nach Landung des Fliegers auf dem Vilniuser Flughafen in das straff geplante Programm einsteigen. 

So ging es direkt vom Flughafen zum Sozial- und Familienzentrums der Jurgio Matulaicio Gemeinde im Vilniuser Stadtteil Virsuliskes. Ausführlich berichteten uns die Sozialarbeiterinnen über ihrer Arbeit mit den ca. 150 Familien im umliegenden Stadtteil. Die Mannschaft besteht aus 15 Sozialarbeiterinnen, wovon 4 ausschließlich organisatorische und administrative Aufgaben erfüllen. 11 Sozialarbeiterinnen betreuen konkret zugewiesene Familien in allen Fragen und Hilfeleistungen. Dadurch ist dem Sozialzentrum die tatsächliche Familiensituation bekannt.

Ein weiterer Schwerpunkt war die Fortführung unserer konkreten Familienhilfsprojekte. Für zwei Familien bestand ein konkreter Bedarf, die Kosten für Heizung und Strom in den Wintermonaten aufzubringen. Hier wurde seitens des Vereins Hilfe zugesagt. Ein Rundgang durch das Tageszentrum zeigte die Notwendigkeit einer  grundhaften Renovierung und Sanierung des Treffs. Diese Räume werden von Kindern und Jugendlichen wochentags nach der Schule genutzt. Ein Renovierungsplan ist in Erarbeitung. Einzelne Teilaufgaben könnten dann als Förderanfragen an unseren Förderverein mit der Bitte um Unterstützung weitergeleitet werden.

Das Zeltprojekt läuft nun schon mehr als 3 Jahre mit gutem Erfolg. Davon zeugen die jährlichen Projektberichte. Das Sozialzentrum informierte über das begonnene Projekt eines Familienferiendorfes in der Nähe von Vilnius. In diesem Familieferiendorf sollen vor allem Familien aus den engen Wohnungen der Großstadt erlebnisfrohe Tage auf dem Land erleben können. Auch hier will der Förderverein prüfen, wie und in welchem Umfang Hilfe und Unterstützung gewährt werden kann.

Der Vorstand des Fördervereins hatte sich viele Notizen gemacht und wird über weitere Hilfsmöglichkeiten mit den Mitgliedern im Januar 2020 beraten. Mit dem guten Gefühl, dass unsere Hilfe gut ankommt und das gut ausgebildete Sozialarbeiterinnen mit viel Herz und Können den Familien und Kindern zur Seite stehen.

Nach diesem ersten wichtigen Gespräch drängte die Zeit, denn die meisten Teilnehmer aus Erfurt und Aschaffenburg mussten noch schnell ins Hotel „Novotel“ in Mitten der Altstadt am Gediminas Prospekt einchecken. Dann ging es zu Fuß durch die Altstadt zum Künstlerviertel Uzupis ins Restaurant „Prie Angelo“.

Dort trafen wir uns mit Familie Stankovic. Mit Interesse folgten wir den Berichten der vier jungen Damen. Seit mehr als 10 Jahren verfolgen wir ihre Entwicklung und freuen uns mit ihnen, dass es ihnen zunehmend gelingt das Leben eigenständig zu gestalten. Besonders fiel auf, wie sehr die Familie zusammenhält. Die Schwestern helfen sich untereinander, die Mutter erhält von ihren erwachsenen Töchtern tatkräftige Unterstützung.

Fördervereinvorsitzender Wolfgang Gärthe mit Familie Stankovic

Dieser gemeinsame Abend war ein Dankeschön für Helfer und Förderer der Familie und auch eine Motivation für die jungen Damen, nicht in ihren Bemühungen, das Leben selbst in die Hand zu nehmen, nachzulassen.

Der zweite Tag unseres Besuches begann mit einer Kurzvisite im Goetheinstitut auf dem Gediminas Prospekt. Zweimal im Jahr sehen wir uns, in Kelme zum Fest der deutschen Sprache und im Herbst in Vilnius. Frau Nijolia Buinovskaja, Leiterin des litauischen Büros, informierte über die aktuelle Sprachförderung und schätzte die Aktivitäten der Förderer in Kelme als vorbildlich ein. Kelme ist in Sachen Förderung der deutschen Sprache ein Leuchtturm, so die Leiterin des Goetheinstitutes in Vilnius. Die Besucher versprachen weiterhin aktive Partner bei der Förderung der deutschen Sprache in Litauen bleiben zu wollen.

Bereits ab 10:30 Uhr erwartete uns der neue Botschafter der Bundesrepublik Deutschland.

In dem etwa einstündigen Gespräch tauschen wir gegenseitig wichtige Informationen aus. Dabei waren wir angenehm überrascht, wie gut die Botschaft über unser Wirken informiert war.

S. E. Botschafter Matthias Sonn begrüßt den Vorstand des Fördervereins Kinder in Litauen e. V.

Unmittelbar nach diesem kurzen Besuch in der Botschaft verließen wir Vilnius in Richtung Svencionys. Svencionys liegt ca.90 km östlich von Vilnius nahe der weisrussischen Grenze.

Dort erwartete uns um 13:30 Uhr der Landrat des Landkreises Svencionys, Herr Klipcius, zu einem informellen Gespräch über sein Verwaltungsgebiet.

Dabei zeigte er Interesse an einer Partnerschaft mit einem Landkreis in Thüringen. Der Vorsitzende des Fördervereins, Wolfgang Gärthe, informierte über unsere Aktivitäten in Litauen und ganz konkret in der Gemeinde Reskutenai. Dabei zeigte Herr Gärthe Möglichkeiten einer Zusammenarbeit von Schulen, Jugendparlament und Verwaltung mit den Projekten des Sozial- und Dorfvereins in Reskutenai auf.

Landrat Klipcius (4. v. l.) mit Vorstand des Fördervereins Kinder in Litauen e. V.

Gegen 15:00 Uhr starteten wir in das 12 km entfernt liegende Dorf Reskutenai.

Eine kleine Stärkung

Im Ortshaus erwartete uns schon der aktive Kern des Dorfvereins. Essen und Musik war der Einstieg in unseren Nachmittagsbesuch. Seitens des Fördervereins wird man sich um die Vermittlung von Kontakten zu einem Landkreis in Thüringen bemühen, ebenso will der Landrat die Zusammenarbeit zwischen den Initiativen in Reskutenai und geeigneter Partner, z. B. einer Berufsschule, fördern.

Der Leiter der Fahrradwerkstatt

Danach statteten wir dem Sozialhaus mit integrierter Fahrradwerkstatt einen Besuch ab. Der vor wenigen Tagen eingetroffene Hilfstransport mit Kleidung, Sachspenden und ca. 120 Fahrrädern war im Haus verstaut worden. Nun geht es daran die Kleidung und anderen Gegenstände zu verteilen. Für diese große Aufgabe ist Hilfe notwendig. Herr Gärthe ermutigte auf Grund der Gespräche mit dem Landrat sich auf die Suche geeigneter Kooperationspartner zumachen.

Unsere fleißigen Helfer bei der Ankunft des Hilfstransporters in Reskutenai

Im Handwerkerzentrum gab es dann noch einen herzlichen Empfang durch die Bürger der Gemeinde Reskutenai. Sie bedankten sich mit Liedern und herzlichen Worten für die jahrelange Treue und Freundschaft sowie für die Hilfe und Unterstützung für Familien und Kinder.

Danach ging es zum Hotel „Prie Zeimenos“ in Kaltanenai. Da im Haus eine große Hochzeitsparty stattfand, waren wir auf „Selbstversorgung“ übergegangen. Eine kurze Auswertung des Erlebten beendete aber recht schnell den langen Tag.

Tagesausklang im Hotel „Prie Zeimenos“

Der nächste Tag begann mit einer Begegnung im Gemeindezentrum. Familien berichteten über ihren Alltag und ihr Leben in dieser Region. Besonders interessant war der Bericht einer jungen Frau, die mit ihrer Familie aus Großbritannien in diese ländliche Gegend zurückkehrte. Die Hilfen des Dorfvereins, die Gemeinschaft und die Angebote des Sozialhauses halfen ihr dabei sich schnell einzuleben und wohl zufühlen.

Teilnehmer an der Gesprächsrunde im Dorfhaus

Den Besuch in Reskutenai nutzen wir zur Erkundung der touristisch interessanten Region nahe der Stadt Ignalina. Naturfreunde und Wassersportler bekommen hier alle Möglichkeiten geboten, Natur und Landschaft zu erleben. Punktuell ist das touristische Angebot gut entwickelt. Natur und Umwelt scheinen in den regionalen Planungen starke Beachtung zu finden. Mit einem gewissen Stolz zeigten uns unsere litauischen Begleiter ihre Heimat.

Seenlandschaft bei Paluse / Ignalina

Beim Holzbildhauer Jakstas konnten wird die neu entstandenen Skulpturen bestaunen.  In der hauseigenen kleinen Kapelle gab es Zeit etwas zur Ruhe zu kommen. Vom Band lief das „Ave Maria“ während sich Ruth Kallenbach noch in das Besucherbuch eintrug.

Der Maler Pranskus ließ es sich nicht nehmen, die Gäste zu sich nach Hause zu Kaffee und Gebäck einzuladen. Diese Einladung nahmen wir gern an, gibt es doch immer interessante Episoden aus dem Leben des 80zig Jährigen.

Zu Besuch bei Maler Pranskus (2. v. l.)

Bevor wir der Einladung der Vorsitzenden des Dorfvereins, Jane Pekuniene, folge leisten konnten, besuchten wir ein „litauisches Kinderdorfprojekt“. Ein Ehepaar hatte vom Vilniuser Jugendamt neun Kinder zur Pflege übernommen. Sie wohnen in einem für diese Region nicht unüblichen bäuerlichen Gehöft. Es ist ein Einzelstandort, weitab sonstiger Bebauung. Das Wohnhaus befindet sich im Umbau. Es gibt später einmal viel Platz für alle und grenzenlose Freiheit im Umfeld. Bei unserem Eintreffen spielten die Kinder draußen auf der Wiese, es war Samstagabend. Der Pflegevater war am Bauen am Wohnhaus. Er zeigte uns das Haus mit seinen Räumen. Die Pflegemutter kam später dazu und berichtete, dass sie täglich früh um 6 Uhr mit dem Zug nach Vilnius zur Arbeit fährt und am Abend 18 Uhr zurückkommt.

Die Kinder werden durch den Vater mit einem Kleinbus zur Schule gefahren und am Nachmittag abgeholt.

Dieses Projekt sollte ein Beispiel für das Konzept „Auflösung von großen Kinderheimen durch familiennahe Kinderbetreuung“ sein. Wir verließen sehr nachdenklich diesen Ort.

Gästebungalow der Familie Petkunai

Es war schon etwas dunkel, als wir auf dem Hof von Jane Petkuniene eintrafen. In freundschaftlicher Runde tranken wir noch eine Tasse Tee mit hauseigenem Honig. Jane Petkuniene bedankte sich sehr herzlich für unsere Unterstützung und übereichte jedem von uns ein Glas Honig.

Zurück im Hotel „Prie Zeimenos“ wurden die vergangenen Tage besprochen. Die im Hotel stattfindende Hochzeit störte uns nicht beim Einschlafen.

Sonntagmorgen war noch etwas Zeit die Kleinstadt Kaltanenai zu besuchen. Die mächtige Kirche beeindruckte uns sehr.

Pfarrkirhce von Kaltenanei

Um 10 Uhr war dann Start zurück nach Vilnius – Flughafen mit einem Zwischenstopp in einem Vilniuser Supermarkt.

Prinzessin Amelia auf dem Arm von Antanas, und ihre Mutter Agne verabschieden sich von den Besuchern aus Erfurt und Aschaffenburg.

Dort trafen wir die ganze Familie von Antanas Petkunas, seine Frau Agne mit Töchterchen Amelia. Die kleine Prinzessin war hierbei der unbestrittene Star und Mittelpunkt.

Dann ging es zum Flieger und zurück nach Erfurt und Aschaffenburg.