Arbeitsbesuch in Naujoji Akmene und Reskutenai 15. bis 23. September 2018

Für das Dorfzentrum in Reskutenai und für die Stiftung „Priglobstis“ für ehemalige Alkohol- und Drogenabhängige, in Dabikinele, Nähe Naujoji Akmene, haben wir mit den Spendenfahrten in den letzten Jahren bereits viele Hilfsgüter geliefert. Die dabei enthaltenen Fahrräder waren teilweise beschädigt oder unvollständig und müssen vor der Nutzung instand gesetzt und gewartet werden. 

Deshalb haben beide gemeinnützige Institutionen in Naujoji Akmene und Reskutenai die Errichtung von Fahrradwerkstätten geplant und uns gebeten, sie bei diesem Vorhaben zu unterstützen.

Mit dem Transport im Mai haben wir für jede Werkstatt eine massive Werkbank mit Schraubstock und eine Grundausstattung an Werkzeugen und Hilfsmitteln übergeben. Als Hilfe zur Selbsthilfe geplant, fehlen aber vor Ort noch ausgebildete Fahrradmonteure. Für die Ausbildung geeigneter Personen in Litauen konnte unser Projektverantwortlicher, Thomas Daniel, die Kreisverkehrswacht in Sömmerda gewinnen. Die Verkehrswacht betreibt eine eigene Fahrradwerkstatt unter der Verantwortung von Frank Wendt.

Dieser und ein weiterer Mitarbeiter, Stefan Ehrhardt, waren sofort bereit, uns bei diesem Vorhaben zu unterstützen. Gespannt auf neue Erfahrungen in Litauen und dem festen Willen das eigene Wissen und Können anderen weiterzugeben, brach unser Team mit einem Fahrzeug der Verkehrswacht gen Osten auf.

Wir starteten am Samstag, den 15. September nach Litauen. Nach einer Übernachtung in einem Hotel hinter Warschau fuhren wir weiter, und kamen gegen 17:00 Uhr in Kivyliai an. Dort wurden wir schon von Gilma Plukiene, unserer Dolmetscherin in Akmene und ihrem Mann erwartet.

Bereits um 18:00 Uhr erwarteten uns die neuen Bürgermeisterin und dem Dorfverein von Kivyliai im Gemeindezentrum. Alle waren gespannt von unseren Plan „Fahrradwerkstatt“ zu hören. Mit Interesse nahm man zu Kenntnis, dass von diesem Projekt eine ganze Region partizipieren kann.

Mit unseren Partnern von der Stiftung „Priglobstis“ in Naujoji Akmene und dem Dorfzentrum Reskutenai, war alles vorher abgesprochen worden. Wir waren deshalb sehr gespannt auf die Realisierung unserer Absprachen sowie auf die Begenung der zukünftigen Fahrradmonteure.

Am nächsten Tag, Montag 09:30 Uhr, trafen wir in dem Dorf Dabikinele, im Wohnheim der Stiftung „Priglobstis“ ein. Dort trafen wir den Vorsitzenden der Stiftung „Priglobstis“ Pfarrer Mindaugas Palionis. Er zeigte uns zwei kleine Räume als vorläufige Fahrradwerkstatt. Endgültig soll diese einmal in Naujoji Akmene eröffnet werden. Dazu sind aber dort noch einige Umbauarbeiten notwendig.

Unsere große Hilfe in Kivyliai, die Deutschlehrerin Gilma Plukiene, hatte uns ihre beste Schülerin für die beiden Tage als Übersetzerin zur Verfügung gestellt. Die Schülerin machte ihre Sache sehr gut. Ohne ihre Hilfe hätten wir die notwendigen Erklärungen für die Monteure nicht machen können.

Die drei Männer, welche einmal Fahrradmonteure werden möchten, waren sehr unterschiedlich. Einer ist Kfz-Mechaniker, ein schon älterer Mann und ein jüngerer hatten keine Vorkenntnisse mit der Fahrradmontage. Nach anfänglicher Gewöhnung aneinander gaben sich aber alle drei viel Mühe, sich die notwendigen Grundlagen der Fahrradwartung und Reparatur anzueignen.

Das Einstellen der Bremsen und Schaltung, der Ersatz von Bowdenzügen, der richtige Reifenwechsel, das Zentrieren von Rädern und vieles mehr wurde von den Fachleuten der Verkehrswacht vorgeführt und anschließend von den zukünftigen Fahrradmonteuren geübt.

Am Dienstag nutzte Herr Wendt kurzerhand die von den Männern selbst genutzten Fahrräder als Reparaturobjekt. Er zerschnitt Bowdenzüge und verstellte die Schaltungen. Die neuen Monteure mussten dann in Teamarbeit die Reparaturen ausführen. Das klappte schon ganz gut. Bei den Arbeiten haben wir festgestellt, dass in unseren angeschafften Werkzeugkoffern, entgegen der Beschreibung, noch einige Spezialwerkzeuge fehlten.

Diese müssen deshalb zeitnah noch angeschafft werden. Zwei Fahrräder wurden während der Ausbildung repariert und waren somit nutzbar. Am späten Dienstagnachmittag haben wir dann die drei neuen Monteure aus der anstrengenden Schulung entlassen. Wir hoffen, dass sie zeitnah in die größere Werkstatt nach Naujoji Akmene umziehen können. Dort hat dann die Werkstatt auch ein größes Einzuggebiet und Nutzerumfeld. Man sicherte uns zu, dies mit Nachdruck zu bewerkstelligen.

Den Tagesabschluss bildete eine kleine Exkursion zum Berg der Kreuze und einen Einkaufsbummel in Siauliai.

Am Mittwochmorgen starteten wir dann nach Reskutenai. In Vilnius legten wir einen Zwischenstopp ein, um unsere neue Dolmetscherin, die pensionierte Lehrerin Ona Selevic nach Reskutenai mitzunehmen. Am Nachmittag trafen wir dann in Reskutenai, bei der Vorsitzenden des Dorfvereins Jane Petkuniene ein, wo wir auch die nächsten drei Tage bleiben sollten. Das Anwesen lag als Einzelgehöft mitten in der Natur. Was für Naturliebhaber.

Am Donnerstagmorgen trafen wir die beiden zukünftigen Fahrradmonteure aus Reskutenai, einen jüngeren und einen etwas älteren. Beide hatten schon ausreichende Erfahrungen zu diversen Montage- und Reparaturarbeiten. Der Dorfverein unterhält im Ort ein Sozialhaus, in dem sich eine Kleiderkammer, Begegnungsraum, Lagerräume und die Fahrradwerkstatt befinden.

Bei den ersten Arbeiten haben wir festgestellt, dass die vorhandene Elektroanlage schon bei dem Einsatz einer Bohrmaschine mit 400 Watt Leistung überfordert ist.  Jane Petkuniene erzählte uns stolz, dass sie mit der Fahrradnutzung bereits 500,- EUR eingenommen hat. Dies helfe dem Dorfverein bei seinen zahlreichen Aktivitäten und sind ein Beleg das man zur Hilfe durch Selbsthilfe bereit ist. Die Ausbildung der Monteure verlief noch besser als in Dabikinele. Beide waren sehr wissbegierig und konnten sehr schnell eigenständig arbeiten. Einige fehlende Werkzeuge wurden von dem bereits erwirtschafteten Geld eigenständig angeschafft.

Am späten Nachmittag haben wir den regional bekannten Holzbildhauer Jagstas besucht. Wir bekamen durch den Künstler eine Erläuterung zu seinen Skulpturen, die eine Dokumentation der litauischen Freiheitsgeschichte und des Volksglaubens erleben lässt.

Am Freitag wurden die Fertigkeiten intensiviert und zahlreiche Fragen beantwortet, am Nachmittag waren dann insgesamt drei Fahrräder fertig gestellt. Die Monteure vor Ort waren sichtlich stolz auf das Erreichte. Zwischendurch wurde auch das erste Fahrrad eines interessierten Dorfbewohners repariert und damit die erste Spende von 5,- EUR in die Vereinskasse eingebracht.

Ab 16:00 Uhr hatte uns dann der Dorfverein zu einer kleinen Dankeschönveranstaltung im Gemeinschaftshaus eingeladen. Wir konnten ihnen dabei berichten, dass ihre beiden Fahrradmonteure sich sehr gut weiter gebildet haben und damit der Betrieb der Werkstatt in einer neuen Qualität möglich ist.

Am Samstagmorgen brachen wir dann zur Heimfahrt auf. Nachdem wir unsere Übersetzerin Ona (Onute) wieder wohlbehalten nach Vilnius zurück gebracht hatten, fuhren wir weiter bis hinter Warschau.

In unserem Hotel zogen wir am Abend bei einem guten polnischen Bier ein erstes Resümee unserer Reise. Unsere Schulungsmaßnahme ist gut angenommen worden. Unsere Anstrengungen sind auf guten Boden gefallen. Wir fahren zurück mit dem guten Gefühl etwas Gutes angestoßen zu haben.

Diese Reise war für alle erfolgreich. Eine Widerholung und Ausbau der Ausbildung wäre in beiden Werkstätten zu wünschen. Unsere beiden Mitreisenden boten dazu eine Wiederholung der Reise in zwei Jahren an.

Die Leiterin der Kreisverkehrswacht hat dazu schon ihr Einverständnis gegeben. Bis dahin hoffen wir auf die eigene Festigung der erlangten Kenntnisse der Monteure durch ständige Fahrradreparaturen.

Thomas Daniel
Projektverantwortlicher Fahrradwerkstatt